Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, und ein zentrales Konzept, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist das sogenannte Reasoning – auf Deutsch etwa „Schlussfolgern“ oder „Urteilen“. Aber was bedeutet das konkret für eine KI, und wie unterscheidet es sich von menschlichem Denken?
Was versteht man unter „Reasoning“ in der KI?
In der Informatik bezieht sich Reasoning auf den Prozess, bei dem eine Maschine aus gegebenen Informationen neue Schlüsse zieht oder Entscheidungen trifft. Es handelt sich um eine Art von „logischem Denken“, das es der KI ermöglicht, auf Basis von Daten und vorab programmierten Regeln Probleme zu lösen, Annahmen zu überprüfen und neue Hypothesen zu formulieren.
Es gibt verschiedene Arten des Reasonings:
- Deduktives Reasoning: Hier wird von allgemeinen Regeln oder Annahmen auf spezifische Fälle geschlossen. Zum Beispiel könnte eine KI, die weiß, dass alle Vögel fliegen können, daraus schließen, dass ein spezifischer Vogel flugfähig ist.
- Induktives Reasoning: Im Gegensatz zum deduktiven Schließen geht es hier darum, aus vielen spezifischen Beispielen allgemeine Regeln oder Muster abzuleiten. Eine KI könnte zum Beispiel aus vielen Bildern von Katzen und Hunden lernen, die Merkmale beider Tiere zu unterscheiden.
- Abduktives Reasoning: Dies ist eine Form der Schlussfolgerung, bei der eine KI auf die plausibelste Erklärung für eine Situation schließt. Es wird oft genutzt, um Hypothesen aufzustellen, wenn nicht alle Informationen vorliegen.
Warum ist Reasoning wichtig für KI?
Das Reasoning ermöglicht es KIs, weit über das bloße Erkennen von Mustern hinauszugehen. Während einfache KI-Systeme, wie zum Beispiel Sprachmodelle, auf Trainingsdaten basieren und in vorgegebenen Mustern antworten, ist echtes Reasoning notwendig, um auch in komplexeren, dynamischen Situationen autonom zu agieren. Dies wird besonders in Bereichen wie medizinischer Diagnose, autonomem Fahren oder der juristischen Analyse relevant.
Ein einfaches Beispiel: Ein autonomes Fahrzeug könnte durch Reasoning entscheiden, dass es an einem Stoppschild anhalten muss, obwohl keine anderen Fahrzeuge in Sicht sind. Hier wird eine Regel (anhalten bei Stoppschildern) auf eine spezifische Situation angewendet.
Die Herausforderung des Reasonings
Obwohl Künstliche Intelligenz beeindruckende Fortschritte gemacht hat, ist das Reasoning immer noch ein Bereich, der Forschung und Entwicklung erfordert. Maschinen, die in der Lage sind, wirklich „zu denken“, benötigen nicht nur riesige Datenmengen, sondern auch die Fähigkeit, diese Daten korrekt zu interpretieren und auf kreative Weise zu nutzen. Hier kommen auch Themen wie Commonsense Reasoning (Alltagswissen) und Contextual Reasoning (Kontextverständnis) ins Spiel. Eine KI, die diese Fähigkeiten besitzt, ist in der Lage, situationsangepasste und realistische Entscheidungen zu treffen.
Ein weiteres Problem sind die sogenannten Biases, also Vorurteile, die durch das Training auf unvollständigen oder verzerrten Daten entstehen. Reasoning wird oft durch diese Verzerrungen behindert, da die KI dann zu falschen oder ungerechten Schlussfolgerungen kommen kann.
Die Zukunft des Reasonings in der KI
Mit Fortschritten in Bereichen wie Neuro-Inspired Computing und Cognitive Computing ist zu erwarten, dass KI-Systeme zunehmend in der Lage sein werden, komplexe, menschenähnliche Denkprozesse zu simulieren. Unternehmen investieren bereits in das sogenannte Explainable AI (XAI), also in erklärbare KI, die ihre Entscheidungsprozesse transparent macht – ein Schritt hin zu einer besseren Integration des Reasonings in realitätsnahe Anwendungen.